Petrol Girls
Die Zeit soll uns milder machen, aber für die Petrol Girls hat sie ihre feministische
Politik zu einem immer stärkeren Cocktail destilliert. Passend, gerade wenn man
bedenkt, dass ihr Logo vom ersten Tag an ein flammender Molotow-Cocktail war.
Seit ihrer Gründung im Jahr 2012 ist die Band für ihren schnellen, chaotischen Punk
bekannt, der von sexueller Gewalt bis hin zur Einwanderungspolitik viele politische
Themen direkt ins Visier nimmt. In den letzten Jahren hat sich ihr Sound in eine
nuanciertere Richtung entwickelt. Ihr Debütalbum „Talk of Violence“ aus dem Jahr
2016 war eine Explosion purer politischer Wut, während Sängerin Ren Aldridge auf
„Cut & Stitch“ aus dem Jahr 2019 vertraute Themen aus einer persönlicheren
Perspektive beleuchtete. Mit ihrem neuesten Werk „Baby“, das am 24. Juni über das
Londoner Independent-Label Hassle Records veröffentlicht wird, schlägt die Band
nun eine neue Richtung ein. Diesmal mit einer guten Portion Impertinenz.
„Wir wollten vom ersten Tag an, dass [dieses Album] weniger episch und weniger
belehrend ist“, sagt Aldridge. „Ich hasse Scheinheiligkeit. Ich hasse sie wirklich,
verdammt. Aber ich weiß auch, dass ich mega scheinheilig war und mich sehr unter
Druck gesetzt fühlte, scheinheilig zu sein, weil wir immer in einer sehr politischen
Punk-Szene gespielt haben. Ich habe meine lustige Seite verloren, und ich musste wirklich zu ihr zurückkehren.“
„Baby“ wurde mit Pete Miles in den Middle Farm Studios in Devon aufgenommen
und zeichnet sich durch einen verspielteren Sound aus. Die Konzentration auf den
Groove und die Wiederholungen – angetrieben von Gitarrist Joe York, Schlagzeuger
Zock und Bassistin Robin Gatt – verleihen den Songs ein Talking Heads-Gefühl,
während sie die prägende Post-Punk-Energie der Band beibehalten. Auch die Texte
sind eine Neuerung für Aldridge. Während sie weiterhin schwere Themen wie
Burnout, Femizid und Polizeigewalt anspricht, halten die Lyrics die Balance
zwischen gezielter Wut und augenzwinkerndem Humor, wo es angebracht ist. Der
kantige Opener „Preachers“ nimmt die selbstherrliche Natur der Call-Out-Kultur aufs
Korn mit Texten wie „feeling dead important in the comments“, während die
Leadsingle „Baby, I Had An Abortion“ vom Titel bis zum Ende absichtlich pueril ist.
Auf der anderen Seite zeigen Tracks wie „Violent By Design“, wie die Band sich in
einer Zeit, die von Black Lives Matter-Protesten und der brutalen Ermordung von
Sarah Everard durch PC Wayne Cousins dominiert wird, gegen den „Carceral Feminism“ wehrt. Auch „Fight For Our Lives“ – ein rauer, grenzwertiger Industrial-Song – wurde von der Aktivistin und Sängerin Janey Starling mitgeschrieben.
Aldridge schrieb die Strophen absichtlich so, dass sie wie ein Manifest klingen, und der Text bezieht sich auf Starlings „Dignity For Dead Women“-Kampagne mit Level Up, die die britischen Medien erfolgreich dazu aufforderte, die Art und Weise zu ändern, in der über tödliche Vorfälle von häuslicher Gewalt berichtet wird.
Bei „Baby“ gingen die Petrol Girls neue Wege – sie verwarfen ganze Songs, anstatt zu versuchen, Dinge zu erzwingen, die sich nicht richtig anfühlten, nahmen zum ersten Mal auf Band auf und ließen absichtlich Unvollkommenheiten einfließen. Es war ein unbeschwerterer Prozess, den Aldridge – die Anfang 2021 eine besonders schlimme Phase psychischer Erkrankungen durchgemacht hatte – begrüßte.
„Lange Zeit ging es uns nur darum, den politischen Kampf nachhaltig zu gestalten,
und das war auch ein Schwerpunkt der letzten Platte“, sagt Aldridge. „Und ich denke,
dass es wirklich wichtig ist, eine gute Zeit zu haben, wo es möglich ist, und die Dinge nicht immer total ernst zu nehmen.“
ZAK!
Man nehme ein George Harrison Double, einen Technofuzie ein Bass-Ass im Ärmel und eine Flunkyball-Kanone mit einem Hang zur Nostalgie, die die (Anti-)Ästhetik der 80er Jahre Punkszene aus Linz wieder aufleben lassen wollen und erhält ZAK!
Mit einer Mischung aus Punk, Proto Punk und Linzer Schule möchten wir eure sanften Gehörgänge liebevoll traktieren und eine Anzeige für Lärmbelästigung riskieren.
Auf Wiederbald, Bis sehen!